Schauspiel

Nomen es Omen

Das „Westside Theatre“ in Darmstadt widmet sich mit Vorliebe dem englischen Sprachraum

Vor knapp eineinhalb Jahren, im Oktober 2012, eröffneten Marijke und Peter Jährling in der ehemaligen Kantine der Schenck AG in der Darmstädter Landwehrstraße das „Westside Theatre„. Seitdem haben die beiden agilen Künstler bereits eine Reihe anspruchsvoller Aufführungen auf die Bretter gebracht und sich in der kurzen Zeit in Darmstädter Theaterkreisen etabliert.

Marijke Jährling

Marijke Jährling

Das flache Gebäude, ein architektonisches Produkt der fünfziger Jahre, macht auf den ersten Blick keinen besonderen Eindruck, hat aber den Vorteil, dass abends stets genug Parkplätze zur Verfügung stehen. Und bei einem Theater kommt es – neben den Parkplätzen! –  hauptsächlich darauf an, was drinnen geschieht. Dort findet man erst einmal ein gemütliches und geräumiges Foyer vor, das die Nüchternheit des Baus geschickt überspielt. Der Theatersaal selbst verfügt über minimal 65 und maximal 100 Plätzen in wohltuend aufsteigender Anordnung und darüber hinaus über eine ungewöhnlich große Bühne, die sich für die verschiedensten Aufführungen enstprechend unterteilen lässt. Dahinter stehen verschiedene Garderoben- und Requisitenräume bereit, die langfristig auch die Möglichkeit zur Erweiterung des Zuschaerraumes geben.

Marijke und Peter Jährling haben für das kommende Jahr viel vor. Dabei liegt der Schwerpunkt einerseits auf anspruchsvollen Kammerstücken des englischen Sprachraums und andererseits auf dem Jazz. Aber auch dem Tanztheater sind sie zugeneigt. Diese Schwerpunktbildung hat durchaus biographische Hintergründe. Peter Jährling kommt eigentlich aus der Landwirtschaft, ein Beruf, der nicht unbedingt für ein Schauspielerkarriere prädestiniert, wenn man mal davon absieht, wie man einer Sau die Schlachtung schmackhaft machen kann. Doch Jährling hatte von Anfang an eine Schwäche fürs Theater, fand einen – amerikanischen – Mentor und ging mit ihm nach Los Angeles, um dort die Schauspielerei von der Pike auf zu lernen. Daher rührt auch seine Vorliebe für Stücke amerikanischer Autoren, etwa Sam Shepard und Neill Simon.

Diese beiden Autoren führt das Westside Theater derzeit auch im Spielplan, Shepards „Fluch der verhungernden Klasse“ ist in der letzten Saison gelaufen, und Simons „Ein seltsames Paar“, das man aus dem Kino mit Walter Matthau und Jack Lemmon kennt, steht am 31. Mai zur Premiere an. Als nächste Premiere steht allerdings am 8. März Dario Fos antikapitalistische Farce „Bezahlt wird nicht“ auf dem Programm.

Marijke Jährling ist neben einer ausgebildeten Schauspielerin auch begeisterte Jazz-Sängerin. Daher wird man bei ihr stets gute Jazz-Combos antreffen, die hier mit ihr oder ohne sie auftreten, je nach musikalischem Schwerpunkt. „Billies Blues“, einer der ersten Produktionen des Westside Theatre, schildert musikalisch das Leben der großen Blues-Sängerin Billie Holiday und war so erfolgreich, dass es noch jetzt läuft. Am 1. Februar wird das „Georg Bößner Trio“ mit dem Namensgeber am Piano auftreten, am 1. März folgt ein kontrastreiches Duo aus dem sensiblen Pianisten Bob Degen und dem eher kreatürlichen Saxophonisten Eric Plandé. Man darf gespannt sein. Danach wird mit „Klezmers Techter“ am 16. März eine ganz andere Musikrichtung im Westside Theatre ihr Debut geben.

Das Tanztheater ist mit Simone Derius „Regula“ vertreten, das am 4. April im Westside Theatre Premiere feiert. Simone Deriu war Mitglied der Tanztruppe des Staatstheaters Darmstadt und hat im Westside Theatre bereits seine Choreographie „Airplanes“ präsentiert.

Daneben hat auch die Theatergruppe der Darmstädter ESOC im Westside Theatre eine neue Bleibe gefunden und tritt unter anderm mit dem Lebendpuppenspiel „Frankenstein the Pantomime“ (13. -22. Februar) auf. Des Weiteren bietet das Westside Theatre diverse „Kleinprogramme“ mit verschiedenen Texten und Musik an.

Einfach mal in die Webseite schauen. es lohnt sich!


Frank Raudszus

Quälende Suche nach dem Warum

Das Deutsche Theater Berlin zeigt Dea Lohers „Am Schwarzen See“ 

Ein kleines Dorf am sogenannten Schwarzen See, eine überschuldete Brauerei, eine Bank und zwei Paare, die gedanklich zurückkehren, in die Zeit vor vier Jahren, als sich ihre einzigen Kinder, damals ein Paar, im Alter von 14 und 16 Jahren das Leben nahmen. Dies wird kein schöner Theaterabend, sondern einer, der bis ins Mark geht und das Gedankenkarussell auf eine unendliche Reise schickt. Melancholie, Angst, Verzweiflung, Trauer und Hilflosigkeit sind die Farben, die das Stück von Dea Loher beherrschen. Und diese Farben sind letztlich verschiedene Abstufungen desselben Grau, das eine Tristesse verbreitet, die sich durch den Raum bis in die Charaktere, die Seelen und das Publikum zieht. Selbst nach dem Stück dauert es einige Momente, bis die starren Mimiken der Schauspieler sich auflösen, sie sich von den Figuren lösen und an dem langen Applaus der Zuschauen erfreuen können.

Natali Seelig (Cleo), Bernd Moss (Eddie), Katharina Marie Schubert (Else), Jörg Pose (Johnny)
Natali Seelig (Cleo), Bernd Moss (Eddie), Katharina Marie Schubert (Else), Jörg Pose (Johnny)

 


Else und Jonny wagen sich nach vier Jahren erstmals zurück in das kleine Dorf am Schwarzen See, wo ein einst beschauliches Leben ein schreckliches Ende nahm. Sie hatten Cleo und Eddi angerufen, um ihnen mitzuteilen, dass sie auf der Fahrt ans Meer einmal vorbeikommen wollten. Nun stehen sie da in der Unwirklichkeit der Vergangenheit und keiner weiß, wie man mit der Situation umgehen soll. Wiedersehensfreude ist im tiefsten Inneren nicht da – oder doch ein wenig? Alle versuchen in Erinnerung an das erste Treffen zu schwelgen, als Else, Jonny und ihre Tochter hierher zogen. Es reihen sich Erzählungsfragmente aneinander, die von einem lustigen und ausgelassenen Tag der Eltern am See berichten. Man ist mit dem Boot hinaus gefahren, hat geangelt, und ungewollt sind einige der Kleider nass geworden. Es wird tatsächlich gelacht und man fällt einander vor Freude ins Wort. Aber die Freude ist angespannt. Leicht zumindest. Im Hintergrund schwillt die Wolke des eigentlichen Themas an, weshalb diese Zusammenkunft stattfindet. Sie wollen es verstehen. Erneut. Jonny, gespielt von Jörg Pose, ist Banker. Eine tiefe Unruhe treibt Ihn an, und so lässt er sich durch seine Bank immer und immer wieder versetzten. Eigentlich weiß er, dass seine Frau Else ein schwaches Herz hat und deshalb Ruhe braucht. Aber er kann nicht, ist rastlos. Else, dargestellt durch Katharina Marie Schubert, ist selbst kaum noch in der Lage, am normalen Leben teilzunehmen.
Sie nimmt Tabletten und schwebt in anderen Sphären durch die Realität – im Jetzt spielt diese schon lange nicht mehr. Cloe, gespielt von Natali Seelig, hatte eingeheiratet in die Brauerei. Heute kämpft sie alleine mit aller Kraft um deren Überleben und klammert sich an das reale Dasein. Eddi, verkörpert von Bernd Moss, hat äußerlich resigniert und weist jegliches Materielle von sich. Innerlich ist er jedoch zerfressen und fällt ohne Ablenkung in manisches, selbstzerstörendes Verhalten zurück.


Die Szenerie des Stücks ist das seelisch verwaiste und materiell entleerte Eigenheim von Cloe und Eddi. Ein großer Raum voller Nichts, in dem selbst die Farbe an den Wänden versucht zu fliehen. Ein einziger Sessel ist geblieben, auf den sich eine nach dem anderen niederlässt und sinniert. Er steht auf der rotierenden Plattform der Bühne, die sich unaufhaltsam dreht. Die Zeit steht nicht still. Auch wenn es das ist, was die Ehepaare verkörpern. Oder nach dem Zurückdrehen der Zeit, wonach sie stumm schreien. Nein, die Zeit kennt nur eine Richtung. Und in diese wandert sie unermüdlich fort. Wer nicht mit ihr geht, landet irgendwann an der Wand – wird weggeschoben. Das Spannende an der Handlung ist, das es keine gibt. Wenn man eine Handlung als eine zeitliche Abfolge von Geschehnissen definiert, wodurch sich zwischenmenschliche Beziehungen verändern oder sich ein sachlicher Erkenntnisgewinn ergibt, dann passiert dies hier nicht. Zumindest nicht für die dargestellten Charaktere. Einziges Indiz einer Handlung mag das zeitliche Herantasten an
die tatsächlichen Ereignisse sein, ausgehend vom Kennenlernen der jungen Familien. Tatsächlich jedoch besteht das Stück aus einer Aneinanderreihung psychischer und physischer Zusammenbrüche der handelnden Personen. In dem unermüdlichen Willen, die letzte Wahrheit endlich greifen zu können, stürzt sich jede und jeder auf seine Art in das tiefe schwarze Loch der Ungewissheit, um am Ende wieder zu scheitern. Väter und Mütter kämpfen jeweils ganz alleine, suchen Schuld bei sich und immer wieder mit direkten Anfeindungen auch bei anderen. Und trotzdem bleibt kein Zorn, niemand ist nachtragend.

 

 

Bernd Moss (Eddie), Katharina Marie Schubert (Else), Natali Seelig (Cleo), Jörg Pose (Johnny)

Bernd Moss (Eddie), Katharina Marie Schubert (Else), Natali Seelig (Cleo), Jörg Pose (Johnny)

 

Was ist es also, dass uns Dea Loher als Autorin und der Regisseur Andreas Kriegenburg mitteilen möchten? Zum einen scheint es, dass die Eltern als etroffene so stark von Schuldgefühlen getrieben sind, dass sie nicht selbst abstrahieren können. Eine echte Diskussion, gar eine sachliche, findet nicht statt. Der Tod eines Kindes ist wohl derart einschneidend, dass Eltern als Opfer sich nicht selbst aus dem Strudel der Vorwürfe befreien können. Zu einer Lösung kommen sie nicht, aber möglicherweise hilft das Sprechen darüber. Als Folge verkennen die Eltern die wahre Motivation ihrer Kinder. Sonst würden sie bemerken, dass sich ihre Kinder das Leben nicht aus Not sondern aus Liebe nahmen. Auch wenn das ökonomische Leben der Brauereifamilie an den Bankern hing, so ging es doch keinem unerträglich schlecht. Nein, es handelt sich viel mehr um greifbare Realität mit den Sorgen des Alltags und den täglichen Hürden, die das Leben bietet. Und die Kompromisse, die ein jeder eingeht, vielleicht eingehen muss, um sein täglich Brot zu sichern. Die ideale Liebe kennt jedoch keine Kompromisse und ist völlig rein. Letztlich mag es wohl Mut gewesen sein, für den Verzicht auf Leben in einen Traum der ewigen Liebe hinein zu schlafen. Es war kein grausamer Tod. Das junge Paar fuhr auf den Schwarzen See hinaus, nahm Schlafmittel und schlief Arm in Arm ein, während langsam Wasser in das Boot lief.

Am Schwarzen See ist ein sehr sehenswertes Stück für Menschen, die nachdenken möchten. Es ist spannend in den Situationen selbst und lebt von der großen schauspielerischen Leistung aller Charaktere. Die Uraufführung war am 26. Oktober 2012 im Deutschen Theater. Es ist ein modernes Stück, von dem etwas bleibt.

Malte Raudszus

Alle Bilder © Arno Declair

Existenzieller Albtraum mit Längen

Reiner Ortmann inszeniert in den Darmstädter Kammerspielen seine eigene Bühnenfassung von Kafkas Roman „Der Prozess“

Die großen Romane der Weltliteratur haben Theaterautoren immer wieder in Versuchung geführt, sie auf die Bühne zu bringen; mit durchaus unterschiedlichem Erfolg, denn die epische Struktur von Romanen widersetzt sich meist einer dramatischen Inszenierung. Das gilt natürlich im besonderen für die beiden enigmatischen Romane Franz Kafkas – „Der Prozess“ und „Das Schloss“ -, die sich durch Handlungsarmut und eine – meist nur leicht variierte – Wiederholung des Grundmotivs auszeichnen. Dazu kommt eine distanzierte, nüchterne Sprache, die auf jegliche Emotionalisierung verzichtet.

Nach verschiedenen Bühnenfassungen in den siebziger und achtziger Jahren, unter anderem von Peter Weiß, hatte zuletzt Andreas Kriegenburg das Romanfragment „Der Prozess“ in einer fast chaplinesken Fassung auf die Bühne der Münchner Kammerspiele gebracht. Jetzt hat Reiner Ortmann eine neue Bühnenfassung erarbeitet und auch gleich die Inszenierung am Staatstheater Darmstadt übernommen.

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István Vincze (Josef K.), Klaus Ziemann (Franz | Untersuchungsrichter | Advokat Dr. Huld u.a), Andreas Vögler (Aufseher | Student | Prügler u.a), Katharina Hintzen (Fräulein Bürstner | Frau des Gerichtsdieners | Leni u.a.), Simon Köslich (Willem | Gerichtsdiener u.a)

Bühenbildner Martin Apelt, im „Hauptberuf“ Schauspieldirektor am Staatstheater Darmstadt, hat in den Kammerspielen eine grau-schwarze Umgebung aus einer langen Wand sowie quadratischen Tischen mit Stühlen geschaffen. Die eher einer Abdunkelung gleichende Beleuchtung verstärkt noch den beklemmenden Eindruck dieser düsteren Einrichtung. Wenn das Publikum seine Plätze einnimmt, sitzen fünf Personen in dunkelgrauer, moderner Kleidung an den fünf Tischen, die Köpfe wie zum Schlaf in die Arme auf den Tischen gebettet.

Der berühmte erste Satz des Romans „Jemand musste Josef K. verleumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet“ bildet denn auch im Theaterstück den Auftakt, nacheinander vorgetragen von allen Darstellern wie in einer Bachschen Fuge, erst klar voneinander getrennt, dann mit ineinander übergehenden Stimmen, bis diese Kakophonie der Stimmen plötzlich abbricht.

Von nun an wird der Inhalt des Romans von wechselnden Erzählern vorgetragen, wobei die Darsteller die Rolle des Erzählers und die einer handelnden Person übernehmen und der Rollenübergang fließend erfolgt. Natürlich hätte man aus dem Roman auch eine reine Dialogversion für die Bühne erstellen können, doch Ortmann hat erkannt, dass er damit dem Stück zwangsläufig zu viel konkretes Leben eingeflößt hätte, was dem Roman nicht entsprochen hätte. Das Beklemmende an diesem Roman ist ja gerade, dass er nicht nur keine echten menschlichen Beziehungen darstellt, sondern sie quasi für unmöglich erklärt. Josef K. spricht zwar mit den Menschen seiner Umwelt, doch nur in einer distanzierten Amtssprache, die jegliche Emotionalität ausschaltet. Liebe, Hass, Eifersucht, Neid, Missgunst und Sehnsucht sind den Protagonisten des Romans fremd. Wenn sie miteinander sprechen oder sich gar einander helfen, dann nur, um ihre eigene Situation durch einen Kontakt zu verbessern. Auch K.s Vorhaltungen gegenüber den Beamten der ihn verhaftenden Behörde sind eher von einem allgemeinen Ärger und einer Hilflosigkeit gegenüber den Unklarheiten und den fehlenden Auskünften als durch persönliche Wut geprägt. Ebenso erscheinen die Beamten nur als korrekte und emotionslose Funktionsträger. Die Frauen – die Nachbarin Fräulein Bürstner, die Frau des Gerichtsdieners und die Pflegerin des alten Advokaten –  zeigen zwar eine Spur mehr kommunikatives Entgegenkommen, konterkarieren dies aber sehr schnell durch die klare Artikulation eigener Interessen.

Andreas Vögler (Aufseher | Student | Prügler u.a), István Vincze (Josef K.), Katharina Hintzen (Fräulein Bürstner | Frau des Gerichtsdieners | Leni u.a.), Simon Köslich (Willem | Gerichtsdiener u.a), Klaus Ziemann (Franz | Untersuchungsrichter | Advokat Dr. Huld u.a)

Andreas Vögler (Aufseher | Student | Prügler u.a), István Vincze (Josef K.), Katharina Hintzen (Fräulein Bürstner | Frau des Gerichtsdieners | Leni u.a.), Simon Köslich (Willem | Gerichtsdiener u.a), Klaus Ziemann (Franz | Untersuchungsrichter | Advokat Dr. Huld u.a)

Josef K. dreht sich in diesem Karussel der Absurditäten hilflos im Kreise. Obwohl man ihn verhaftet hat, kommt es aus den lächerlichsten administrativen Gründen zu keinem Verhör, und ebensoweinig erhält er eine Anklageschrift oder zumindest eine verbale Aussage zu seiner angeblichen Schuld. Nur gelegentliche Aussagen über den Stand seines Prozesses – der irgendwo in den geheimnisvollen Gängen der Behörde als Selbstläufer zu existieren scheint – erreichen ihn und klingen immer schlechter. Der Advokat Huld, den ihm sein Onkel besorgt, ist ein älterer, pflegebedürftiger Herr, der vor allem davon spricht, dass man Ruhe bewahren müsse und dass sich alles von selbst regeln werde. Erstarrte, altersbedingte Untätigkeit auch hier. Nur die junge Pflegerin sucht die Nähe zu K., aber auch sie kann und will ihm nicht wirklich helfen.

In dem Roman geht es auf diese quälende Weise zielsicher auf das Ende zu. Alle Versuche K.s, eine Erklärung oder gar eine Anklage zu erhalten, prallen an den stoischen Vertretern der Behörde ab. Schließlich holen ihn eines Abends zwei Herren in förmlicher Kleidung ab, führen ihn schweigend in einen Steinbruch und töten ihn dort auf eine Weise, die in ihrer korrekten administrativen Art geradezu rituelle Züge annimmt.

Man hat diesen rätselhaften Roman auf verschiedene Weise interpretiert, je nach politischer oder gesellschaftlicher Ausrichtung. Die einen haben darin die prophetische Beschreibung eines letztlich tödlichen Antisemitismus gesehen, andere eine Satire auf die undurchschaubare und ineffiziente Bürokratie der k.u.k.-Monarchie, noch andere eine allgemeine Abrechnung mit totalitären Systemen. Dagegen spricht jedoch die Tatsache, dass Antisemitismus und Totalitarismus zu Kafkas Zeiten noch gar nicht so ausgeprägt waren – selbst der in der Doppelmonarchie und im Wilhelminischen Reich durchaus vorhandene Antisemitismus galt eher den arrivierten als den kleinbürgerlichen Juden -, und für eine Satire auf die k.u.k.-Bürokratie fehlt der komische Aspekt. Kafka geht es um mehr als nur um die Bloßstellung eines um sich selbst kreisenden Behördenapparates; er hat sich mit diesem Roman eine existenzielle Angst um Schuld und Sühne von der Seele geschrieben, die wohl nur aus familiären und individualpsychologischen Konstellationen zu erklären ist. Der permanente Konflikt zwichen dem hochsensiblen Franz und seinem eher bodenständigen und cholerischen Vater dürften hier eine ebenso große Rolle gespielt haben wie eine elementare Lebensangst, die allerdings ein Grundelement der Generation vor dem Ersten Weltkrieg bildete. Damit spiegelt Kafkas Roman die Befindlichkeit einer Gesellschaft wider, die durch die rasante industrielle, politische und gesellschaftliche Entwicklung buchstäblich aus der Bahn geworfen war.

István Vincze (Josef K.), Simon Köslich (Willem | Gerichtsdiener u.a), oben: Katharina Hintzen (Fräulein Bürstner | Frau des Gerichtsdieners | Leni u.a.)

István Vincze (Josef K.), Simon Köslich (Willem | Gerichtsdiener u.a), oben: Katharina Hintzen (Fräulein Bürstner | Frau des Gerichtsdieners | Leni u.a.)

Reiner Ortmann hat der Versuchung widerstanden, den Roman zu aktualisieren und für den heutigen gesellschaftspolitischen Kontext auszuschlachten. Seine Personen tragen zwar heutige Kleidung, aber das ist schon das einzige Zugeständnis an den Zeitgeist. Ansonsten hält er sich – abgesehen von radikalen Kürzungen – an den Urtext und stellt diesen in den Mittelpunkt. Das bedrückende Ambiente der engen Amtsstuben, das hier auch gleich die anderen Lokalitäten – etwa K.s Zimmer, die Wohnung des Advokaten oder den Steinbruch am Ende – mit abdeckt, beherrscht die gesamte Inszenierung, und nur zum Schluss symbolisiert ein starker Scheinwerfer, auf den K. zugeht, den Tod. Eine einzige Tür in der den Bühnenraum zu beklemmender Enge verkürzenden Wand dient Auf- und Abtritten der Darsteller und übernimmt dabei auch noch dramaturgische Aufgaben. Denn durch diese Tür naht immer wieder das Unheil, und durch diese Tür versucht K. verzweifelt, in das innere der Behörde vorzudringen. Obendrein lässt Ortmann die Darsteller auf eine Weise durch die Tür auftreten, dass der Kopf bis zum letzten Augenblick hinter der Wand verschwindet. Die Beamten der Behörde erscheinen so als kopflose, sprich entindividualisierte Wesen. Darüber hinaus verleiht die zentrale und geradezu transzendente Parabel über die Türhüter dieser Tür zusätzliche Bedeutung. Ein weiterer Regieeinfall, der diese Inszenierung auflockert und den bedrängenden Charakter der Situation veranschaulicht, besteht darin, dass Ortmann ganze Szenen, unter anderm die mit dem Gerichtsmaler, unter den Tischen spielen lässt, wo sich bis zu drei Darsteller in engster körperlicher Verschlingung drängeln.

Die Darsteller setzen Ortmanns Vorstellung konsequent um. István Vincze ist ein ratlos umherirrender, zunehmend verzweifelter Josef K., dessen Hilflosigkeit jedoch stets in dem Korsett einer hierarchischen Standesgesellschaft verharrt. Kein Heulen oder Zähneklappern, nur Insistieren auf Erklärungen und am Ende Hinnehmen des Unvermeidlichen. Katharina Hintzen, Andreas Vögler, Simon Köslich und Klaus Ziemann übernehmen abwechseld die anderen Rollen – Wächter, Beamte, Onkel, Advokat und die diversen Frauen -, können dabei aber keine schauspielerischen Lorbeeren ernten, da diese Rollen bewusst zurückgenommen sind, so wie auch Kafka sie nicht als Menschen aus Fleich und Blut sondern als Erfüllungsgehilfen eines undurchschaubaren Systems oder als dessen Nutznießer und Komplizen sieht. Keiner von ihnen wird in K.s Augen zu einem Menschen.

Obwohl Ortmann und die Darsteller die existenzielle Verunsicherung und Beklemmung überzeugend darstellen, können sie nicht die Längen vermeiden, die sich vor allem in der Mitte der Inszenierung ergeben. Bietet der Anfang noch gewisse Überraschungen bzw. die Beschreibung einer ungewöhnlichen Situation, wird diese im Folgenden nur noch variiert, ohne dass sich etwas grundlegend ändert. Gerade Kafkas Anliegen, das Unausweichliche, die tödliche Mechanik der Abläufe zu zeigen, führt zu einem Einbruch der Spannung, so man bei diesem Stück überhaupt von Spannung in herkömmlichem Sinn reden kann. Ist das gesamte Stück schon – wie auch der Roman – sehr kopf- und phantasielastig, so steigert sich diese handlungsarme Konzentration auf die Befindlichkeit des Protagonisten K. im Laufe der Aufführung und lässt die Intensität absinken. Ob dies am Stück, an der Regie, den Darstellern oder am begrenzten Konzentrationsvermögen des Publikums liegt, sei dahingestellt. Wahrscheinlich ist es eine Mischung aus allen vier Gründen.

Der Beifall des Premierenpublikums fiel freundlich aus, aber ohne Emphase. Aber das bei einer Kafka-Inszenierung zu erwarten, wäre wohl auch zu viel verlangt.

Frank Raudszus

Alle Bilder © Bettina Aumüller

Ironische Bürstenstriche an einem Denkmal

Das Staatstheater Weisbaden zeigt in Darmstadt eine Bühnenfassung von Thomas Manns Roman „Lotte in Weimar“

Der „Weimarer Geistesriese“ Johann Wolfgang von Goethe war im frühen 19. Jahrhudnert, also noch zu seinen Lebzeiten, Objekt ungetrübter Bewunderung und Verklärung. Diese Tendenz hielt noch bis ins 20. Jahrhundert an, bis der zeitliche Abstand auch kritische oder zumindest ironisch distanzierende Stimmen hervorbrachte. Einer, der es wagte, ein wenig an dem Denkmal deutschen Geisteswesens zu kratzen, war Thomas Mann. In seinem Roman „Lotte in Weimar“ nimmt er zwei Themen auf: einerseits Goethes Frühwerk „Werthers Leiden“ mitsamt seiner literarischen und individuellen Wirkung und andererseits die Wandlung des alternden Goethe zu einem gravitätischen, seiner überragenden intellektuellen Bedeutung durchaus bewussten „Großdichter“.

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Michael Günther Bard (Goethe), Monika Kroll (Charlotte)

Die Handlung nimmt ein historisches Ereignis auf, das zwar verbürgt ist, aber keinerlei spektakulären Details aufweist. Die verwitwete Charlotte Kestner, geborene Buff, reiste im Jahr 1916 im Alter von 63 Jahren nach Weimar, um dort Verwandte zu besuchen. Dabei besuchte sie zwar auch Goethe, aber die Chroniken berichten von diesem Treffen nichts Besonderes. Die Tatsache, dass Charlotte bekannterweise das Vorbild für die unerreichbare Lotte im „Werther“ war, reichte jedoch Thomas Mann, um daraus eine leichte Komödie mit ironischem Tiefgang zu entwickeln.

Kaum ist Charlotte mit ihrer Tochter Clara im Hotel „Elefant“ abgestiegen, erkennt sie der Hotel-Kellner Mager, selbst ein glühender Verehrer des großen Weimarers, an ihren Meldedaten und setzt die Neuigkeit unverzüglich in Umlauf. Prompt erscheinen die ersten Bittsteller, die sich von Goethes ehemaliger Angebeteten Unterstützung ihrer sehr speziellen Interessen erhoffen. Der Kellner Mager würde Charlotte am liebsten noch vor dem Auspacken der Koffer einer längeren Befragung über den jüngeren Goethe unterziehen und lässt sich kaum aus dem Zimmer vertreiben. Der Lehrer Dr. Riemer, ehemals Goethes Sekretär, erhebt diese Position im Nachhinein zu einer Herzens- und Geistesfreundschaft und ist bis heute nicht darüber hinweggekommen, dass Goethe ihm keine Professur an einer Universität verschafft hat. Die Irin Mrs. Cuzzle sieht bei ihrer den Sehenswürdigkeiten und Berühmtheiten des Kontinents gewidmeten Reise eine Chance, über Charlotte an den großen Goethe heranzukommen, und die junge Adele Schopenhauer schließlich versucht, über Charlotte die Heirat des in ihren Augen missratenen Goethe-Sohnes August mit ihrer Freundin Ottiilie zu verhindern. All diese Versuche des Antichambrierens lässt Thomas Mann noch vor dem Auspacken der Koffer ablaufen, um daran zu zeigen, wie nervtötend und rücksichtslos die Lobbyisten ihre jeweiligen Interessen verfolgen.

Goethe selbst ist in diesen Gesprächen als die große Figur im Hintergrund präsent, tritt aber nicht auf. Im Roman erhält er die Nachricht von Charlottes Ankunft und lässt seinen Sohn die Einladung zum Mittagessen überbringen, die Bühnenfassung erweckt den gegenteiligen Eindruck, was zu einem ungewollten(?) komischen Effekt führt, da der Zuschauer bereits von der Einladung weiß, die Goethe jetzt erst ausspricht. Das ist nur ein Kleinigkeit, die jedoch den Unterschied zwischen Roman und Bühnenfassung verdeutlicht. Der Roman kann die Wirkung und das Auftreten Goethes wesentlich detaillierter und damit facettenreicher darstellen. Thomas Mann beschäftigt sich in diesem Roman mit der Wirkung des „Genies“ auf seine Umwelt. Im Roman erscheinen Dr. Riemer und Adele Schopenhauer durchaus als komplexe Figuren, die nicht nur die eigene Position – und auch Frustration – angesichts der Größe und Eigenarten Goethes zum Ausdruck bringen sondern auch allgemeine Erkenntnisse über diese Konstellation entwickeln. Diese detaillierte Aufarbeitung der Wirkung und Stellung großer Persönlichkeiten geht in der Bühnenfassung notgedrungen weitgehend verloren. Dr. Riemers Monologe vor Charlotte Kestner wirken eher wie kaum kaschierte Klagen über die Nichtbeachtung seitens Goethes und verleihen ihm streckenweise einen Anflug von Lächerlichkeit. Ähnliches gilt für Adele Schopenhauer oder auch August Goethe, die in der Theaterfassung auf ihren Charakterkern zurückgeführt werden. Das lässt sie holzschnittartiger als im Roman erscheinen.

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Magdalena Höfer (Lotte), Benjamin Kiesewetter (Werther)

Ähnliches gilt für Goethe selbst, der im zweiten Teil mit dem morgendlichen Erwachen ins Spiel kommt. Während Thomas Mann ihn im Roman über seine Stellung in Gesellschaft, Politik und Geistesleben reflektieren lässt, wirkt dies in der verdichteten Bühnenform eher wie eine ironische Beschreibung eines selbstgefälligen älteren Herrn, der sich sogar in seinen Selbstgesprächen nur nur als den großen Dichter sieht und den Kontakt zum Alltag weitgehend verloren hat. Sein Selbstbildnis ist durch die permanente Bewunderung seitens seiner Umwelt korrumpiert, ein Korrektiv weit und breit nicht in Sicht. Sein Diener Carl, den er ebenfalls mit – für ihn unverständlichen – literarischen Bonmots und Zitaten überhäuft, geht darüber gleichmütig hinweg, sein Sohn August jedoch hat täglich mit der Tatsache zu kämpfen, der mittelmäßige Sohn eines großen Mannes zu sein. Daran kann man schon zerbrechen, wie es viele ähnliche Beispiele gezeigt haben. Goethe selbst hört kaum zu, sondern berieselt seine Umwelt mit einem steten Strom literarisch und poetisch ausformulierter Feststellungen zu den verschiedensten Themen. Seine Umwelt macht es ihm auch leicht, da in seiner Gegenwart niemand das Wort zu einer längeren Ausführung zu ergreifen geschweige denn ihm zu widersprichen wagt. So werden Goethes Auftritte im Roman und vor allem im Theaterstück zu Monologen, die den Zuschauer nerven (sollen). Man möchte ihm zurufen „Sei doch mal still und lass die anderen reden!“. Ironischerweise gleicht er damit auf einer anderen Ebene dem Kellner Mager, der ebenfalls nicht aufhören kann, (über Goethe) zu reden.

Für Charlotte gerät der Besuch bei Goethe zur großen Enttäuschung, da er gar nicht erst das private Gespräch mit ihr sucht, sondern sie mit seinen literarisch-philosophischen Monologen zudeckt und sich ansonsten angelegentlich mit ihrer hübschen Tochter Clara befasst, wobei er Charlotte den Rücken zukehrt. Erst zum Schluss kommt es zu einem Gespräch zwischen den beiden. Im Roman stellt sich Charlotte dieses Gespräch nur vor und sagt ihm dabei ein paar Wahrheiten. In der Bühnenfassung wird dieser fiktive Charakter des Gesprächs nicht klar, so dass man es durchaus für real halten kann. Diese Ambivalenz kann von der Regie durchaus gewollt sein, da das imaginierte Gespräch einerseits für Charlotte einen quasi-realen Charalter hat und Goethe sich andererseits entsprechend seinen vorherigen Auftritten verhält. Alle Kritik an seiner Steifheit, Unnahbarkeit und Selbstgerechtigkeit beantwortet er mit literarischen Metaphern, die Charlottes Kritik im Rahmen des Zweier-Gesprächs letztlich alltäglich-kleinlich aussehen lassen. Nur der Zuschauer sieht aus der Perspektive des objektiven Betrachters die wahren Verhältnisse und Maßstäbe.

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Monika Kroll, Benjamin Kiesewetter

Regisseur Slobodan Unkovski hat zwar bereits zweieinhalb Stunden für das Stück vorgesehen, doch selbst diese Dauer kann natürlich nicht alle Feinheiten des Romans wiedergeben. Doch ihm gelingt ein sehr treffendes und gut ausbalanciertes Stimmungsbild, das den Grundtenor des Romans mit einigen Abstrichen zum Ausdruck bringt. Dabei bringt ein besonderer Regieeinfall zusätzlich Leben und Spannung in die Inszenierung: durch die gesamte Inszenierung ziehen sich Szenen aus dem „Werther“, die von zwei jungen Schauspielern – Magdalena Höfner als junge Lotte und Benjamin Kiesewetter als junger Werther – in die Handlung eingestreut werden. Diese Szenen wirken wie Träume oder Erinnerungen der alternden Protagonisten, und sowohl Charlotte als auch Goethe wenden sich diesen Szenen wie eigenen Traumgebilden zu, während die anderen Figuren sie nicht wahrnehmen. Dabei tritt mit zunehmender Spielzeit der Kontrast zwischen der ursprünglichen, absoluten Emotionalität Goethes und seiner eher indifferenten wenn nicht uninteressierten Alterssicht zutage. Ein weiterer auffallender Regieeinfall besteht darin, dass Unkovski Michael Günther Bard, den Darsteller des gealterten Goethe, über Strecken mit dem Rücken zum Publikum spielen lässt. Seine präsente Stimme ermöglicht diese Spielweise ohne Einschränkungen der Verständlichkeit, und die Absicht dahinter ist, die innere Abkehr des „großen Mannes“ vom Publikum und die zunehmende Selbstbezüglichkeit solcher Persönlichkeiten zu zeigen. Goethe kehrt nicht nur Charlotte sondern auch dem Publikum den Rücken, letztlich sogar dem realen in dieser Aufführung. Damit wehrt er sich auch gegen die Vereinnahmung durch eine Öffentlichkeit, die stets den Großen für ihre Parrtikularinteressen einzuspannen versucht.

Angelina Atlagić hat dazu ein historisches Bühnenbild geschaffen, das die Zeit um 1816 wiederbelebt. Im Bühnenhintergrund öffnet dabei ein romantische Landschaftsbild den sehnsüchtigen Blick in die Ferne. Für die Kostüme gilt das Gleiche. Charlotte erscheint im langen weißen Kleid einer älteren Dame und trägt – jungmädchenhaft-romatische Anspielung – beim Essen mit Goethe ihr von ihm damals so bewundertes Jungmädchenkleid, was er leider nicht bemerkt. Goethe kommt in schwarzer Seidenkleidung, die anderen in üblichen Kostümen des frühen 19. Jahrhunderts. Bühne und Kostüme bleiben also konsequent in der Zeit der Handlung.

Die Darsteller runden den Gesamteindruck durch beeindruckende Leistungen ab. Monika Kroll spielt die Charlotte mit der Selbstsicherheit und der feinen Ironie einer lebenserfahrenen Dame, die die Schwächen der Männer kennt, die aber selbst auch nicht gegen romantische Anwandlungen gefeit ist und eine gehörige Portion an Sehnsucht mit sich herumträgt. Sie kann dann dann plötzlich auch in Tränen ausbrechen, wenn die Eerwartungen enttäuscht werden, oder ihre Lippen ein wenig mehr zusammenpressen, wenn ein Gefühlsausbruch nicht angemessen erscheint. Auf feine und nie übertriebene Art bringt sie das Leiden der Frauen unter der immanenten Unterdrückung und Nichtachtung zum Ausdruck, die damals öffentlich als solche gar nicht wahrgenommen wurden. Michael Günther Bard stellt einen raumfüllenden, mit seinem Selbstbewusstsein und seiner selbstgerechten Art seine Umwelt beherrschenden Goethe dar, den das Vakuum um ihn herum geradezu zur Aufblähung zwingt. Jörg Zirnstein spielt den August als zerrissenen und von der Last des Vaterbildes erdrückten Neurotiker, Benjamin Krämer-Jenster den Dr. Riemer als enttäuschten, fast wehleidigen Biedermann. Viola Pobitschka tritt in der Doppelrolle der Clara und der Ottilie auf, wobei sie vor allem letzterer viel jungmädchenhaftes Wesen verleiht. Rainer Kühne spielt einen köstlich verqueren Kellner Mager und Franziska Beyer eine ziemlich verrückte Mrs. Cuzzle sowie die pragmatische Adele Schopenhauer. Martin Müller gibt Goethes Kammerdiener Carl mit stoischer Ruhe.

Das Publikum zeigte sich von dieser Inszenierung sehr angetan und spendete kräftigen beifall.

Frank Raudszus

Alle Bilder © Martin Kaufhold